Ninfa Fiorentina


Geburt des Johannes – Domenico Ghirlandaio (um 1490)

In der Basilika von Santa Maria Novella, einer der Hauptkirchen von Florenz, befindet sich Ghirlandaios Fresko Geburt des Johannes. Anders als sein bedeutendster Schüler Michelangelo ist Domenico Ghirlandaio dem Publikum heute kaum noch bekannt. Auf ihn gestoßen bin ich durch mehrere kleine Texte des Kunsthistorikers Aby Warburg, die im Warburg Institute Archive das Konvolut Ninfa Fiorentina bilden. (Zugänglich ist dieses Textkonvolut in: Aby Warburg; Werke; S. 187ff)

Auftraggeber für die Geburt des Johannes war Giovanni Tornabuoni, ein Bankier (auch Warburg selbst entstammte einer Bankiersfamilie, deren Namen dem SPD-Kandidat Olaf Scholz bestens bekannt sein dürfte), der im frühneuzeitlichen Florenz des 15. Jahrhunderts als großer Kunstmäzen auftrat. –

Der Heilige Johannes war der Schutzpatron der Tornabuoni und die Szene, die Ghirlandaio hier festhält, schildert eine Art Visite, bei der die vornehmen Damen aus dem Hause Tornabuoni einer nicht weniger vornehmen Dame (die Heilige Elisabeth) zur Geburt ihres Kindes beglückwünschen. Die Mutter ruht auf einem üppigen Bett, bedient von einer Magd, die ihr Erfrischungen bringt. Der Vordergrund zeigt eine Amme, die das Neugeborene stillt, derweil eine andere Dienerin in freudiger Erwartung die Hände nach dem Kind ausstreckt, weil sie das Kind baden möchte.

Die drei Frauen, die die Mutter besuchen, tragen verzierte, schwere Gewänder und sehen recht würdevoll aus. Doch ganz rechts sieht man die dritte Dienerin, in der Warburg eine antike Vergangenheit ausmacht, eine Nymphe mit allen Attributen der Leichtigkeit und Luftigkeit, gleichsam ein heidnischer Kontrast zur christlichen Umgebung mit gebauschtem Gewand, stilisiertem Faltenwurf und Sandalen an den Füßen. Aby Warburg dichtet dem Ghirlandaio ein „Altro chè“ (Und ob) an auf die virtuelle Frage, ob ihm bei dieser Dienerin eine Nymphe der Antike vorgeschwebt habe.

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